Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

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Horus W. Odenthal
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Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von Horus W. Odenthal » Fr 26. Okt 2012, 20:47

Hallo liebe Phantastik-Fans,

diese Diskussion ist ein "Flüchtlingstreffen" aus einem anderen Forum, wo wir massiv durch Trolle gestört wurden.
Die Geschichte ist folgende:
Zwei Leser meines Buches "Ninragon" trafen zunächst in einem ziemlich ungeeigneten Forum zusammen, verlegten die Diskussion kurzerhand in ein scheinbar geeigneteres und baten mich als Autor dazu. Da die Diskussion sehr interessant verlief und ich sah, dass man da viel von dem, was ich mit meinem Buch sagen wollte, verstand, kam ich dieser Einladung gerne nach. Es entwickelte sich eine sehr intensive Diskussion, was auch durch die Konstellation schon angelegt war: ein Fan des Buches (minkey), ein Leser, der irgendwo im ersten Viertel des Buches steckte und das Ganze anfangs (noch) etwas kritisch sieht und ich als Autor. Diesen Leser kannte minkey aus einem Online-Spiel, er hatte ihm das Buch empfohlen, woraufhin er mit dem Lesen begann, da er normalerweise minkeys Empfehlungen mag. Minkey sagt, er ist gespannt, ob er daneben liegt.
Die Diskussion entwickelte sich auch über den engen Rahmen diese speziellen Buches hinaus und es ging um Fantasy als Genre und ihr Verhältnis zur Literatur im allgemeinen und so weiter.

Unsere Diskussion im anderen Forum wurde wie schon erwähnt durch einige Trolle gestört, weswegen wir sie hier auf Einladung von Adrian Maleska fortsetzen wollen. Es ist natürlich jeder gerne eingeladen, daran teilzunehmen oder mitzulesen. Ich vermute, wir werden irgendwie die bisherige Diskussion hier rüberschaffen, damit der Einstieg für Neugierige möglich ist.
Nach einem Quercheck in diesem Forum meinte minkey, er habe sich danach z.B. durch die Empfehlung von "Schattenfall" gleich zuhause gefühlt.
Dem kann ich mich nur anschließen.

Jeder ist eingeladen hier mitzudiskutieren, egal ob er das Buch schon gelesen hat, gerade liest oder noch lesen will, oder ob er einfach nur reinschauen will um zu sehen, wie wir uns nicht nur über dieses Buch sondern auch allgemein über Fantasy die Köpfe heiß diskutieren bis die Funken fliegen.
Doch seid gewarnt, wenn ihr das Buch noch lesen wollt:

Hier wird es naturgemäß viele
SPOILER!!!!!!!
geben.


Kurz zusammengefasst, um was es in Ninragon geht.
In den Worten von minkey:
"Ninragon ist eine Fantasy-Trilogie von Horus W. Odenthal.
Vordergründig ist es ein gut erzähltes Actionspektakel in einer detailliert ausgearbeiteten Welt, hintergründig ein Entwicklungsroman um einen Barbaren und einen Elfen."

Oder um auf den "Klappentext" zurückzugreifen:
"Darachel, ein Ninra, Angehöriger einer uralten, weltabgewandten Rasse, die sich in ihre abgelegenen, gewaltigen Festungen zurückgezogen hat, findet einen schwerverletzten Menschen, der ihm die Geschichte seines Lebens erzählt.
Es ist die Geschichte von Auric dem Schwarzen, der dachte, nur um sein eigenes Leben und Schicksal zu kämpfen, sich aber unversehens in etwas viel Größeres, Dunkleres und Weitreichenderes verstrickt sieht.
Egal, wie die Zeit aussieht, in der wir leben, egal mit welchen Waffen wir kämpfen und wie die Städte aussehen, in denen wir leben, immer vergessen wir allzu leicht, dass unsere Gegenwart wenig mehr ist, als die uns sichtbare Oberfläche eines gewaltigen Ozean, der uns trägt, und in dem, uns unsichtbar, die Schatten und Mahre der Vergangenheit hausen."

Wer mit uns zusammen lesen will, findet das Buch auf Amazon: http://amzn.to/QhC6dz.

Ich freue mich weiterhin auf anregende Diskussionen und wünsche euch allen

Alles Gute!

Horus

minkey
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Re: Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von minkey » Sa 27. Okt 2012, 14:41

So, ich werde dann mal die bisherige Diskussion hierhin übertragen und versuchen kenntlich zu machen, wer was geschrieben hat, damit es nachverfolgt werden kann.

Wer es nicht gesehen hat: Ich habe mich kurz vorgestellt im Vorstellungsthread, den Horus aufgemacht hat: minkey

Vielleicht kurz meine Sicht zu Ninragon, um beurteilen zu können, ob das was für euch ist:

Ninragon ist eine Fantasy-Trilogie recht weit ab vom Mainstream. Horus möchte eine realistische Welt erschaffen und geht dabei keine Kompromisse aus. Im Fantasygenre gibt es z.B. üblicherweise viele Schlachten, aber da gewinnt üblicherweise eben auch das Gute und das Böse verliert. Und dabei mag es spannend werden, aber häßlich geht eigentlich nicht. In Ninragon hingegen sind Schlachten vor allem eins: blutig, häßlich, dreckig, grauenhaft. Und das zahlreich. Diese Nähe zur Realität ermöglicht es Horus auch zeitgemäße Themen zu verarbeiten. In diesem Sinne geht Ninragon Richtung moderner Fantasy, also mehr Richtung z.B. Martin, um den vielleicht prominentesten Vertreter derzeit zu nennen. Wer es nicht blutig mag, ist hier falsch. Minderjährige sowieso.

Ninragon hat aber darüber hinaus auch andere Ansprüche, vor allem die Verbindung von Unterhaltung, in diesem Fall Fantasy, mit Literatur. Dies äußert sich in einer Vielzahl von Abweichungen gegenüber den 'normalen' Fantasybüchern und kann auch zu einigen Enttäuschungen führen. Es ist eher etwas zum mehrfach Lesen und zumindest bei mir, hat es auch ziemlich lange nachgewirkt, gerade weil es eben auch viele Möglichkeiten zum Nachdenken gibt. Nicht im Sinne von 'Welche Botschaft wollte der Autor mir mitteilen?' (Ich stehe überhaupt nicht auf 'Erhobene Zeigefinger'-Bücher), sondern zum einem im literarischen Sinne von 'Was verbirgt sich noch hinter dieser Szene?' aber auch im Sinne von 'Was hat den Autor dazu geritten jetzt ausgerechnet das geschehen zu lassen?' Das klingt jetzt nach einem verkopften Literaturbuch, aber eben das trifft es auch nicht. Den Ninragon ist ganz klar ein spannender Actionroman. Manchmal vielleicht sogar ein bisschen arg viel Action.

So, das war mein Versuch einer objektiven Sicht auf Ninragon und ich hoffe, das reicht um euch einen ungefähren Eindruck davon zu vermitteln, ob das Buch in euer Beuteschema passen könnte oder nicht.

Bevor ich jetzt die Diskussion hierhin kopiere, muss ich dazu sagen, dass ich ein Fan von Ninragon bin und ich erst gar nicht versuchen werde, in der Diskussion mit meiner Begeisterung hinter dem Berg zu halten. Wenn ich begeistert von etwas bin, muss es raus, warum auch nicht? Außerdem habe ich in der Diskussion das Problem (zum ersten Mal bei einer Empfehlung an ihn), dass mein Online-Kumpel Dude das Buch angefangen hat und es sofort wieder beiseite gelegt hat, weil ihm der Einstieg nicht gefiel. So ist die Diskussion überhaupt erst zustande gekommen. Ich hatte Dude gefragt, ob ich seine Kommentare an Horus weiterleiten dürfte, weil ich mir sicher war, dass den das interessieren würde. Und Dude sagte zu, unter der Voraussetzung, dass ich auch Horus Antworten an ihn weiterleite. Ich habe das ein paar Mal gemacht, aber das Copy/Paste geht einem ziemlich schnell auf die Nerven, deswegen der Umstieg auf ein Forum.

Wir haben uns in der Diskussion ziemlich schnell die Köpfe ziemlich heiß geredet und es wurde ganz schön abgehoben. Laßt euch bitte nicht abschrecken: Wer mitdiskutieren möchte, kann das jederzeit machen. Es braucht keine Nietzsche-Zitate, keine tollen Erkenntnisse, auch ein 'Mich hat die Szene ... einfach nur angeätzt...' ist wunderbar. Dieses Buch erschliesst sich ohnehin nicht schnell, zumindest ging es mir so.

Bei Ninragon ist man auch schnell bei anderen Themen, wie z.B. wie ist die Verknüpfung zwischen Unterhaltung und Literatur möglich. Es kann an solchen Stellen natürlich auch mitdiskutiert werden, ohne dass man das Buch gelesen hat. Vergleiche zu anderen Büchern, Politik etc. sind natürlich jederzeit möglich und willkommen.

So, dann mach ich mich mal ans Reinkopieren. Ich übernehme die Sachen ab dem Zeitpunkt als unsere Diskussion ins Forum wechselte.

Es kann sein, dass ich zwischendrin mit dem Kopieren aussetzen muss und die bisherige Diskussion noch nicht vollständig ist (hier lauern kleine, um Aufmerksamkeit heischende Kinder im Hintergrund). Ich gebe ein Zeichen, wenn alles drin ist.
Zuletzt geändert von minkey am Sa 27. Okt 2012, 15:14, insgesamt 1-mal geändert.

minkey
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Re: Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von minkey » Sa 27. Okt 2012, 14:43

Minkey

Kurz als Einleitung zur bisherigen Diskussion:

Bisher ging es um die Einleitungssequenz und die anschliessenden Anfangskapitel, zusammengefasst als Buch 1. Wir diskutierten den relativ fordernden Anfang für den Leser, der u.a. daraus resultiert, dass Odenthal Elfen/Ninrae als Aliens sieht und den Leser die Fremdartigkeit dieser Wesen sowohl in Sprache als auch in Beschreibungen erleben lässt.

Es geht weiter mit Buch 2 in der Menschenwelt.

minkey
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Re: Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von minkey » Sa 27. Okt 2012, 14:43

Dude

so, dann melde ich mich doch auch mal zu Wort :)

Da ich erst am Anfang des ersten Bandes bin, wird dies wohl so eine Art "on the go" Lesebericht. Es ist zwar immer gefährlich, über etwas zu sprechen, was man noch nicht in seiner Gesamtheit kennt. Aber wenn man schon direkt darauf angesprochen wird..
Ich kann mir aber vorstellen, dass es einigen Lesern ähnlich erging wie mir, würde mich da über Rückmeldungen freuen!

Hier meine persönliche Erfahrung, die den Anstoss zur oben genannten Diskussion gegeben hat:

Als ich das erste Mal Ninragon las, hab ich das Buch recht schnell wieder weggelegt.
Der Einstieg ist mMn extrem schwer. Gleich zu Beginn wird man mit informationsüberladenen, abschnittslangen Sätzen überflutet. Abgesehen davon, dass man dadurch oft Sätze mehrmals lesen muss, bis man versteht, worums geht, hatte ich noch ein komplett anderes Problem.
Wenn ich ein Buch lese, entsteht normalerweise in meinem Kopf ein Bild, das schön langsam ergänzt und verfeinert wird. Hier wurde mein mentales Bild fast jede Minute wieder komplett überholt, Landschaft, Menschenmann und Darachel änderten ständig ihre Gestalt. Im Nachhinein sind die Bilder zwar schlüssig, entwickeln sich aber nicht so geradlinig, wie man sichs sonst gewohnt ist.

Nach einigen Wochen habe ich das Buch dann wieder ausgegraben, nicht zuletzt, weil es mir von minkey wärmstens empfohlen wurde (und seine Empfehlungen bisher eigentlich immer 100%ige Treffer waren)
Gleich zu Beginn wurde ich positiv überrascht. Eine geniale, wenn auch etwas blutige Kampfszene, in der ich zum ersten Mal wieder ein Fantasy-Lese-Feeling kriegte. Damit meine ich das Gefühl, dass man komplett von der Handlung weggetragen wird, dass man zwar aktiv liest, dies aber nicht mehr bewusst realisiert sondern vielmehr in einer anderen Welt lebt.
Dies ging weiter bis zum Anfang von "Der Bote der Aussenwelt" (Position 237, ca 2%). Erst kommt noch eine wundervolle Beschreibung von Himmelsriff. Doch dann plötzlich direkte Rede. Ich hab keine Ahnung, wo ich bin oder was gerade passiert. Die Tagträumerei ist wieder weg und ich sitzt da und frag mich, was ich wieder nicht begriffen habe.

In der Überzeugung, der Autor wollte einen "normalen" Unterhaltungs-Fantasy-Roman schreiben, war ich mit seiner Leistung recht unzufrieden. Dass die Stolpersteine für den Leser jedoch aus Absicht und nicht aus Unvermögen entstanden sind, wurde mir erst viel später klar. Satzlänge und -gestaltung werden anscheinend, anders als bei "herkömmlichen" Fantasy Autoren, als Stilmittel eingesetzt. Beispiel dazu der Anfang von "Wahnhammer" (Position 1798, ca 22%). Hier wird mit kurzen Sätzen in die aktuelle Situation eingeführt und danach in herkömmlicher Fantasy-Manier, wenn auch um einiges blutiger, das Kampfgeschehen geschildert. Mitreissend und schlüssig, was man normalerweise erwartet.

Soviel erst mal dazu. Weitere Reaktionen und vlt. die eine oder andere Erkenntnis folgen :)

minkey
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Re: Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von minkey » Sa 27. Okt 2012, 14:45

Minkey

Na, da bist Du ja schon ein ganzes Stück weiter und auch an der ein oder anderen Schlüsselszene vorbei.

Ich würde vermuten, dass das Kampfgeschehen im Anschluss an der von Dir beschriebenen Position, gerade auch wegen der Beteiligung des Jungtrupps, für viele zu heftig ist. Für Dich in Ordnung?

Ein paar Themen, die ich in diesem Teil aufgebaut sehe:
- Kontrast barbarische Gewalt (Vater)/idirische Bildung (Mutter) und ihre Vereinigung in Auric und damit auch die Grundlage für den wesentlichen Konflikt in Auric.
- Kontrast Tradition/Innovation z.B. bei der beschriebenen Kampfszene im Anschluss an die von Dir zitierte Szene.
- Heftiger Bruch mit dem üblichen Plot des Fantasygenres (Junge entwickelt sich zum Helden) ohne ihn gleichzeitig wirklich zu verlassen.

Aber wo Du gerade 'Wahnhammer' schreibst, eine Frage an den Autor: Die Namen von Auric wechseln mit der Entwicklung von Auric und 'Wahnhammer' missfällt Auric offensichtlich sehr, wird verhöhnt und ist Kapitelname. Was steckt dahinter?

minkey
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Re: Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von minkey » Sa 27. Okt 2012, 14:46

Minkey

Und noch eine Frage, die mich interessieren würde: Wenn Du das Ganze durch hast, lies doch noch mal den Anfang.

Es ist merkwürdig, aber beim ersten Lesen fand ich den Anfang sperrig, beim zweiten Mal fühlte ich mich hingegen sofort zuhause und irgendwie gewinnt er bei jedem Durchgang mehr. Ein Effekt, den ich aus der Musik gut kenne: Hits, die mir sofort gefallen, aber sehr schnell ausgelutscht sind und schwierige Stücke, in die ich mich erst reinhören muss, die mir dann aber immer besser gefallen. Bei einem Buch hatte ich diesen Effekt so noch nicht erlebt.

minkey
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Re: Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von minkey » Sa 27. Okt 2012, 14:47

Horus

Hallo, da bin ich.
Habe gerade mal in eure kleine Leserunde hereingelesen. Und ich bin an euren Kommentaren zum Anfang hängengeblieben.
Merkwürdig, mir ging es als Autor ähnlich wie euch als Leser.
Der Anfang, wie die Nnraé dargestellt werden sollten, welche Sprachstil, welche Satzmelodie sich daraus ergab, stand für mich von Anfang an ganz natürlich und organisch fest. Eines fügte sich zum anderen.
Elfen sind in der Fantasy immer der Kontrast zu den Menschen, sind feingeistiger, nicht so sehr der groben Materie verbunden – fast so als hätten sie den Fall der Erbsünde nicht mitgemacht (was die nordische Mythologie, in der die Elfen ihren Ursprung haben, und ihre Entstehungsgeschichte ins Gegenteil verkehrt). Ich hatte allerdings immer das Gefühl, das dieser Ansatz nicht konsequent zu Ende geführt wird. Wenn eine Rasse so anders, so weltabgewandt ist, hat das noch andere Konsequenzen. Sie müsste das Grundsätzlich Fremde sein, für die Menschen eigentlich Aliens. Also fing ich an eine Gedankewelt zu entwickeln, die einen Menschen dieser Welt vollkommen befremden musste. Sie waren schließlich für sie die Aliens, eine fremde Rasse.
Als ich später noch einmal zu meinem Anfang zurückkehrte wurde mir klar,dass es nicht der einfachste Einstieg war, aus der Sicht des "Aliens" zu beginnen. Und dann erging es mir genauso wie euch Lesern: Der Anfang erschien mir so selbstverständlich, so aus einem Guss, so in sich stimmig, dass ich mich entschlossen habe, das so zu belassen und auf den Leser vertraut habe. Es ist ja nun nicht so, dass es keine erfolgreichen Fantasy-Roman mit einer steilen Lernkurve am Anfang gäbe. Ich denke, Ninragon ist da noch relativ harmlos gegen z.B. George R.R. Martins "Lied von Eis und Feuer" oder Steven Eriksons "Gärten des Mondes". Dagegen ist Ninragon ja eher Grundschullektüre.
Ich denke, man kommt schnell rein, wenn man erst einmal akzeptiert hat, dass es sich um eine fremde Rasse handelt und man nicht sofort jedes Detail verstehen muss.
Was verwirrt, ist vielleicht, das ich das in Fantasy-Konventionen mit allerlei Assoziationen belegte Wort Elfen (nur einmal) verwende. Aber es wird ja auch klar, bzw. stellt sich schnell heraus, das dieses Wort hier als Schimpfwort der Menschen für alle möglichen Rassen von Nichtmenschen verwendet wird. Ich pervertiere ja gewissermaßen die Klischees.

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Re: Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von minkey » Sa 27. Okt 2012, 14:48

Horus

Ja, die Namen.
Aurics Geschichte bildet sich auch gewissermaßen in den Namen ab, die ihm gegeben werden.

minkey
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Re: Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von minkey » Sa 27. Okt 2012, 14:50

Minkey
Horus hat geschrieben:Es ist ja nun nicht so, dass es keine erfolgreichen Fantasy-Roman mit einer steilen Lernkurve am Anfang gäbe. Ich denke, Ninragon ist da noch relativ harmlos gegen z.B. George R.R. Martins "Lied von Eis und Feuer" oder Steven Eriksons "Gärten des Mondes". Dagegen ist Ninragon ja eher Grundschullektüre.
Ja und Nein. Erikson ist sicherlich schwer zugänglich. D'accord.
Martins Lied von Eis und Feuer hingegen ist letztendlich eine konventionelle Erzählung, einfache Sprache, klar strukturierte Handlung. Das einzige Problem bei Martin sind doch letztendlich die vielen Point of views, in die man erst mal reinkommen muss.

Was Ninragon im Vergleich angeht, ist es sprachlich sicherlich anspruchsvoller als Martin, dafür in der Grundstruktur der Geschichte, nur 2 Points of Views und im Wesentlichen eine lineare Erzählung auf dem 1. Blick einfacher. Es lässt sich so gesehen schwer vergleichen.

Eine Sache, die mich an Ninragon fasziniert sind die verschiedenen Erzählebenen. Es ist wie bei den Ninrae, die 3 Sprachen auf verschiedenen Sinnesebenen miteinander verweben, diese 3 Bedeutungsebenen findet man auch im Buch wieder und die Ninrae unter uns, verstehen alle 3. Man kann Ninragon aber auch nur in der 1. Sprache, der Physis-Sprache, lesen und auch das ergibt eine schlüssige und spannende Geschichte, es entgeht einem nur einiges an Genuss.

Natürlich gibt es bei jedem besseren Buch mehrere Erzählebenen, durch die starke Begrenzung der Point of views bekommen sie im Ninragon aber eine sehr ausgeprägte Struktur, die im Kontrast zum rohen, chaotischen Kampfgewühl steht.

Eines der Kernthemen von Ninragon, der Kontrast bzw. das Zusammenwirken zwischen Gewalt und Intellekt, wiederholt sich auf allen nur denkbaren Ebenen, es ist, als würde man in ein Fraktal zoomen, es taucht immer wieder auf, im Grossen wie im Kleinen.

Vieles davon ist offensichtlich und einiges habe ich bereits genannt:

In Personen z.B.:
Barbar/Elf
Vater/Mutter
Auric/Darachel
aber auch beide Seiten in Auric selbst und welche Seite wird letztendlich die Oberhand gewinnen?

Es kommen weitere, die ich noch nicht nennen möchte.

Dann findet sich das Thema natürlich in der Handlung selbst.

Aber es findet sich auch in den unterschiedlichsten Abstraktionen:

z.B.

Ninragon ist ein gewalttätiges, brutales Actionspektakel / In einer sehr anspruchsvollen Sprache geschrieben

Die Protagonisten sind in der Haupthandlung nicht nur physischer Gewalt, sondern auch der Gewalt des Schicksals unterworfen, sie haben kaum Handlungsmöglichkeiten / eingebettet in eine kunstvolle, geradezu ästhetische Erzählform der Parallelentwicklung zweier analoger Plots der beiden Protagonisten.

Neben vielen anderen Dingen, auch der eigentlichen Handlung, die ich nicht vorwegnehmen möchte, ist gerade auch diese kunstvolle Ausgestaltung auf den verschiedensten Ebenen, die ich in dieser Konsequenz noch nicht gesehen haben, für mich einfach ein kleines Juwel. (Lese ich vielleicht die falschen Bücher? ;) )

In diesem Sinne lässt sich Ninragon mit Martin/Erikson schlecht vergleichen, diese Eleganz wird sich allerdings einigen Lesern auch nicht erschliessen.

Aber auch da schliesst sich wieder der Kreis: Tatsächlich beginnt jeder Leser Ninragon zunächst als Barbar, der Einstieg und der Plot lassen zunächst gar nichts anderes zu.
Und einige werden die Trilogie als Ninrae beenden.

Horus, in Deinem Blog schreibst Du, Du würdest beim Schreiben Deiner Intuition folgen. Ist das wirklich Intuition? Dann hast Du eine verdammt stark strukturiende und abstrahierende Intuition.

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Re: Leserunde zu "Ninragon" von Horus W. Odenthal

Beitrag von minkey » Sa 27. Okt 2012, 14:50

Minkey

Noch eine Ergänzung:

Ich habe mich beim 1. Lesen von Ninragon auch häufig schwergetan. Mich immer wieder gefragt, was der Darachel-Plot soll. Wo soll das Ganze nur hinführen. Man versteht es eben erst zum Schluss oder auch erst eine Weile nach dem Zuklappen des Buches.

Und jetzt wo ich den letzten Beitrag geschrieben habe, ist mir auch klarer geworden, warum man beim 2. Mal den Anfang plötzlich mit anderen Augen liest, eben als Ninra, nicht als Barbar.

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