Re: I see a dark sail...
Verfasst: Di 6. Mai 2014, 09:29
Und ich bin sehr, sehr gespannt auf Kalion!
Über Phantastik Fantasy, Science-Fiction und Horror schnacken
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Diese Entwicklung gibt es im Prinzip ja auch schon im 1. Band, der plötzlich sehr rasant wird. Den Schreibstil hingegen finde ich von Anfang an sehr gelungen. Er ist eloquent ohne zu aufdringlich oder extravagant zu sein. Ich bin gespannt darauf, die von Dir angesprochene Entwicklung im Buch nachzuvollziehen. Wie Du vermutlich hier im Forum gesehen hast, gefallen mir die Sachen von Horus W. Odenthal ebenfalls sehr. Er scheint mir ähnlich auf der Suche zu sein, Qualität/Literatur mit Spannung/Unterhaltung zu verknüpfen.AlesPickar hat geschrieben:Ich sage immer (nur halb im Scherz), dass ich am Anfang noch meine Germanistenfreunde beeindrucken wollte, während sie mir am Ende (und gut zehn Jahre später) gänzlich am Arsche vorbeigingen. Der geduldige Leser erlebt auch die Entwicklung meiner Identität - sozusagen vom existentialistischen Novelist zum Unterhaltungsautor.
Genauso habe ich das auch gelesen bzw. als Leser erlebt. Deswegen finde ich es auch gelungen. Als Leser weiß man nur nicht, ob dieser ewige Cannabisrausch irgendwann verlassen wird oder nicht. Das zweite wäre weder tragfähig noch interessant und das ist die Stelle an der ich als Leser erst feststellen muss, ob der Autor das auch so sieht. Aus Unterhaltungssicht ist es sozusagen ungeschickt, die Geschichte damit anfangen zu lassen. Aus erzählender Sicht ist es konsequent und richtig. Diesen Widerspruch aufzulösen ist schwierig.AlesPickar hat geschrieben:Somit haben jene Kritiker, die mit dem Anfang Probleme haben, durchaus recht. Wenn auch nicht uneingeschränkt. Denn ich fand stets, dass die Langatmigkeit von Jan-Mareks Gedanken eine sehr gelungene Metapher für seinen 24/7-Cannabisrausch ist.
Du hast einerseits Recht.AlesPickar hat geschrieben:Ferner müssen wir bedenken, dass die großen emotionalen und kurzweiligen "Pay-Offs" einer Geschichte immer mit der "Investition" in den Aufbau einhergehen. "Alien" von Ridley Scott war vor 35 Jahren deshalb ein so bahnbrechender Erfolg, weil die ersten 40 Minuten nicht viel passiert. Heute wäre ein solcher Drehbuchaufbau undenkbar - zumindest falls man Blockbuster-Budgets im Auge hätte. Ebenso gilt es zu bezweifeln, ob J.R.R.Tolkien heute einen konventionellen Verleger finden würde - zumindest keinen Big Player. Sie würden ihn alle aus dutzenden zumeist strukturellen Gründen ablehnen.
Und wenn das Buch dieser Erwartung nicht gerecht wird, bekommt es schnell noch eine entsprechende 1-Sterne-Rezension reingedrückt. Nach dem Motto: 'Das Buch ließ sich nicht lesen, ohne das ich dabei denken musste.' Ja, genau das meine ich.AlesPickar hat geschrieben:Viele Leute haben hunderte Bücher auf ihren elektronischen Lesegeräten und der Text ist dafür da, um sie durch den Pendelverkehr in einer Metro zu bringen. Sie laden dann ein Buch und wollen nach paar Seiten "im Fluss" sein. Wenn das nicht klappt, fliegt das Ding sogleich beiseite.
Action finde ich ohnehin eine der uninteressanten Arten von Spannung, die zudem recht schnell abstumpft.AlesPickar hat geschrieben:Eine Geschichte kann natürlich nicht nur aus einer endlosen Schlacht bestehen. Doch ich lerne es zunehmend, das Leseverhalten der Neuzeit in die Gleichung einzubeziehen.
Kann ich aus Lesersicht bestätigen. Bin gerade durch die ersten 3 Bände 'In den Spiegeln' durch und fange gleich mit Band 4 an. Wobei ihr schon auch sehr unterschiedlich schreibt (Ales kommt ganz sicher nicht über die Thomas Mann-Schiene... Comics und neuere Kult-Bücher würde ich sagen. Aber Comics spielen bei Dir, Horus, ja auch eine gewisse Rolle...). Wenn ich durch bin, stell ich mal eine Rezension hier bei Fantasy Buch ein.Horus W. Odenthal hat geschrieben:Anscheinend sind wir in sehr vielen Dingen Brüder im Geiste. U.a. auch die Entwicklung in dem Büchern immer unterhaltsamer und zugänglicher zu werden ohne davon an Niveau einzubüßen.
In diesen Tagen müssen Phantasten, die ohne Drachen, Vampire und seitenweise trashigem Sex operieren, ohnehin zusammenhalten. Aber so ganz leise unter uns gesagt, mit gesenkter Stimme: das alles ist schon ein seltsames Phänomen. Ich meine damit dieses Ungleichgewicht zwischen dem, was sich in der Spitze der Pyramide befindet und dem, was an ihrer Basis passiert. Gibt es jemanden auf diesem Planeten, der nicht Game of Thrones schaut? Ich bin ziemlich sicher, die schauen es auf der ISS-Station und ganz sicher auf der Vostok in der Antarktis. Wäre es nicht eine logischer Konsequenz, dass der deutsche Fantasy-Markt vor rauen, feudalen Romanen und existentialistischen Themen nur so "boomt"? Das scheint nicht der Fall zu sein. Es gibt sie wohl. Aber vermutlich muss man dabei wissen, wie man sie findet.Anscheinend sind wir in sehr vielen Dingen Brüder im Geiste. U.a. auch die Entwicklung in dem Büchern immer unterhaltsamer und zugänglicher zu werden ohne davon an Niveau einzubüßen.
Jo, werde ich machen, sobald ich durch bin.Shining hat geschrieben: @minkey
am Besten, Du schreibst mir ne PM mit dem passenden Link zum großen A. Dann kann ich genau die Version aufnehmen, die Du gelesen hast und rezensieren willst.
Ich finde es jedenfalls sehr interessant, wie ihr beide genau dies auf unterschiedliche Weise in euren Büchern verarbeitet. Falls noch nicht geschehen: Ihr solltet euch gegenseitig lesen und damit meine ich nicht mal reinschauen/anlesen, sondern wirklich lesen. Gerade das Thema Eskapismus ist sowohl beim Ninragon, als auch bei In den Spiegeln sehr präsent.AlesPickar hat geschrieben: Ohnehin ist es eine interessante Entscheidung, die SciFi-und-Fantasy-Fackel einige Meter mitzutragen. War das für dich jemals ein Problem, Horus? Ich meine damit, dass da auch mal ein Mundwinkel zucken kann und ein Stigma einprogrammiert ist. Du kennst all die Anmerkungen: keine echte Kunst, trivial, infantil, eskapistisch. Ich habe meine Twen-Jahre viel unter recht kultivierten Leuten verbracht. Germanisten und Studenten von Theaterwissenschaften. Ich denke schon, dass ich ihnen als junger Mann genügen wollte. Die ersten 60 Seiten von "In den Spiegeln" reflektieren es ganz gut. Für mich als Autor war das etwas ähnliches, wie das Erfassen der eigenen Homosexualität. Irgendwann muss man dann einfach aufstehen und sich bekennen: ich bin ein Unterhaltungsautor. Ich schreibe keine Kopfschmerzliteratur mit Migrationshintergrund. Dafür gibt es andere. And if you don´t like it - then just fuck off!